Vom Ei zum Huhn  

- ein besonderes Projekt in dieser besonderen Zeit.

von Sabine Handke

Große und kleine Leute sind geprägt durch die Corona Pandemie, Isolation, Sorgen, Zukunftsängste, tragische Verluste haben ihre Spuren hinterlassen.
Ich arbeite als Erzieherin in einem Hort eines kommunalen Trägers und befinde mich in Ausbildung zur Tiergestützten Fachkraft.
Gemeinsam mit den Kindern, meinen Kolleg:innen  und Franziska Pfauntsch-Ohliger von FranzisPferdeStärken in Bischofsheim entstand die Idee, Küken im Hort auszubrüten, groß zu ziehen und dann zu Franzi auf den Hof zu bringen. Wichtig war uns dabei, dass es Eier von Franzis Hühnern waren.
Wir im Hort waren unwissend, neugierig, gespannt, nicht ahnend, was uns dieses Projekt bringen wird. Zum Glück hatten wir Franzi an unserer Seite.

Wir begannen mit Tiergestützten Aktionen ohne Tiere. Anhand von Fotos der Hühner versuchten wir zuzuordnen, welches Huhn welches Ei gelegt hat. Wir sammeln Fragen und Vermutungen, denen wir gemeinsam auf den Grund gehen wollen. 

Überrascht hat uns die große Motivation unser Fußball Jungs, die nach anfänglichen Albereien, voll bei der Sache waren. Sie haben kooperiert, verhandelt, sich gegenseitig unterstützt und angespornt.

Der Bau des ersten Kükenheim hat unseren Jahrespraktikanten so manche Schweißperle auf die Stirn gezaubert. Ich betone unser 1. Kükenheim, wir ahnten damals noch nicht, dass unsere Küken noch zwei größere Gehege brauchen würden.

Auch hier war die Vorabauseinandersetzung mit einer noch unbekannten Zukunft mit Küken von besonderer Bedeutung: die Kinder erfuhren, dass sie etwas bewirken können, Selbstwirksam werden, sich auf die neue Situation vorbereiten können.

Dann kam der ersehnte Besuch auf Franzis Hof.

Beobachten, abwarten, die Tiere einladen zu uns zu kommen. Ursprünglich geplant war ca. eine viertel Stunde bei den Hühnern, es wurde mehr als eine Stunde.

Aber auch in der Gruppe aufeinander achten. Dies gelang hier besonders gut, flüsternd wurden Beobachtungen ausgetauscht und abgesprochen, was als nächstes zu tun sei.

Große wie kleine Leute genossen den Moment und die Ruhe mit den Hühnern.

Im Prinzip verhielten wir uns selbst wie eine Hühnerbande, die satt beieinandersitzt, ein Sandbad nimmt, sich putzt und ruht.

Hier beobachten wir das Ergebnis wunderbarer Motivation. Freiwilliges, völliges Aufgehen in dieser Tätigkeit, sich selbst selbstbestimmt und kompetent erleben für ein gemeinsames Ziel:

 

Futter selber machen für die Küken!

Die Erkenntnis, dass Küken nicht zwingend alle gelb aussehen, war mit eine der Prägnantesten für unsere Kinder.

Unser Alltag im Hort:  Küken beobachten, pflegen und hegen, die Stimmung war über Wochen grundlegend positiv. Uns begegnete in diesen Monaten bei den Kindern verstärkt:

Einfühlungsvermögen und Empathie, soziale Zuverlässigkeit, Fairness und Authentizität, Anpassungs- und Kompromissbereitschaft, emotionale Selbststeuerung und Selbstvertrauen.

 

Die Kinder haben sich gegenseitig gecoacht, d.h. sich z.B. Ängste genommen „Uh, die picken bestimmt ganz doll!“ „Wenn du das Futter in dem kleinen Schälchen anbietest, ist es erst einmal angenehmer für dich, dann fällt es leichter mit dem Streicheln!“

Es haben sich Freundschaften gebildet, einige Kinder von uns fahren nach wie vor regelmäßig zum Hof. Sie helfen Franzi bei der täglichen Arbeit und verbringen viel Zeit bei den Hühnern.

 

Die Resonanz aus der Elternschaft war überwältigend. Damit habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. 

Grade für die zukünftigen Fünftklässler haben sich viele Räume und Situationen ergeben, sich mit persönlichen Sorgen und Ängsten vor der Zukunft auseinander zu setzen. Dies spielt in diesem Jahr eine besondere Rolle durch die vielen Corona Einschränkungen, Ungewissheiten, familiären Tragödien, Verlusten und Sorgen. Plötzlich spürten unsere Kinder wieder Verbundenheit und Gemeinschaft. Mir zeigte es überdeutlich, dass nicht alle Menschen dafür geschaffen sind, zu vereinsamen, sich einzuigeln und mit Isolation fertig zu werden. Umso mehr haben uns die Küken dabei geholfen wieder einen Weg zu finden in Zuversicht und Mut. Ich danke den Tieren dafür so sehr und bin unglaublich froh, dass sie bei Franzi ein gutes Leben haben. 

 

Unser besonderer Dank gilt Franzi, die immer für uns ein offenes Ohr hatte, uns Laien souverän durch dieses Projekt begleitet hat und nun unseren Küken ein so besonderes Umfeld und Leben ermöglicht.

 

Eins ist sicher, wir waren nicht zum letzten Mal bei Franzi.